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Brustkrebs, Nachtarbeit und Schichtarbeit

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Einleitung: Brustkrebs und Nacht- bzw. Schichtarbeit – Einstufung der Internationalen Krebsforschungsbehörde IARC

„Die International Agency for Research on Cancer“ (IARC) hat im Oktober 2007 Schichtarbeit mit circadianer Disruption (beziehungsweise Chronodisruption (CD) [also Störungen im 24-Stunden-Rhythmus, in dem wir leben]) als wahrscheinliches Humankarzinogen eingestuft (Gruppe-2A-Karzinogen).

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Die Einstufung als „wahrscheinlich krebserregend“ wurde vorgenommen, da die Belege beim Menschen zwar „begrenzt“, aber in Tierexperimenten bereits ausreichend schienen, schreibt Thomas C. Erren [u.a.] in Schichtarbeit und Krebs, einem Artikel aus dem Deutschen Ärzteblatt vom September 2010.

Anders als in Dänemark, wo 38 Brustkrebspatientinnen wegen einer Brustkrebserkrankung nach Schichtarbeit bereits Entschädigungen erhalten hätten, gäbe es in Deutschland [Stand 05/2011] diese Anerkennung trotz der entsprechenden Einstufung der IARC bisher nicht, s. Ärzteblatt-Artikel1, der die aktuellen juristischen Begründungen festhält. Ebenfalls dort wird auch von einer chinesischen Untersuchung berichtet, die im Ergebnis keine Risikoerhöhung für Nachtschichtarbeit gezeigt haben soll (leider ohne Quellenangabe, s. dazu unten auch unter Zusammenfassung von Forschungsergebnissen für 2016). Leider helfen die vom Ärzteblatt genannten relativen Zahlen nicht, das absolute Risiko besser einzuschätzen und diese Zahlen zu interpretieren oder die Häufigkeit der Erkrankungen abzuschätzen, die auf Nachtarbeit zurückgehen. Wir werden uns um Einsichtnahme in die nicht frei zugängliche Originalveröffentlichung bemühen.

Die Fachzeitschrift für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung DGUV-Forum, die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung herausgegeben wird, hat in Heft 4/2011 im Artikel Schichtarbeit und Krebs von Thomas Brüning u.a. dieses Thema ebenfalls aufgenommen.2 Nach Meinung der Autoren ist hier der Zusammenhang zwischen Schichtarbeit bzw. Nachtarbeit und Krebs „jedoch nicht ausreichend gesichert, für Prävention sei es entscheidend, Arten von Schichtsystemen zu identifizieren, die sich nicht nachteilig auf die Gesundheit auswirken“. Eine interessante Sichtweise, die vielleicht Arbeitsmarktorientierung erkennen lässt. Die IARC leite aus den tierexperimentellen Studien einen Zusammenhang zwischen der Störung der circadianen Rhythmik („Chronodisruption“, etwa „Uhrstörung“) und dem Entstehen bösartiger Tumoren ab und folgerte, dass eine ausreichende Evidenz vorliege, dass Licht während der Dunkelperiode Krebs erzeuge. Im Zusammenhang mit Brustkrebs und Schicht-/Nachtarbeit habe die IARC acht Studien näher betrachtet, bei denen es in der Mehrzahl durch Schicht- bzw. Nachtarbeit zu einem Anstieg von Brustkrebs gekommen sei. Die Nacht- bzw. Schichtarbeiterinnen wurden mit Frauen verglichen, die nie nachts gearbeitet hatten.

Metaanalyse: Nachtarbeit erhöht Krebsrisiko bei Frauen | 2018

Das Dt. Ärzteblatt berichtet am 09.01.20183 über eine an der Universität von Sichuan in Chengdu, VR China, durchgeführte Metaanalyse von 61 Studien4. Insgesamt wurden die Daten von rd. 3,91 Millionen Frauen sowie 114.628 Krebsfälle aus Nordamerika, Europa, Asien und Australien ausgewertet. Ergebnis: Das Krebsrisiko durch Nachtarbeit erhöht sich bei Brustkrebs um 32%, bei Hautkrebs um 41%und bei Magen- und Darmkrebs um 18%. In Nachtschicht arbeitende Krankenschwestern haben ein um 58% erhöhtes Brustkrebsrisiko (Magen-Darmkrebs um 35%, Lungenkrebs um 28%), das höchste bei allen analysierten Berufen. Das Risiko erhöhe sich mit zunehmender Dauer der Nachtarbeit. – Frauen in Asien und Australien hätten kein erhöhtes Risiko. Mögliche Erklärung: Frauen in Europa und Nord­amerika könnten ein „höheres Niveau an Sexualhormonen“ haben, das mit hormonell bedingten Krebsarten wie Brustkrebs in Zusam­menhang stehe.

Nachtschicht stört DNA-Reparatur | 2017

Zusammenhänge über den Abfall von Melatonin durch Nachtarbeit untersucht eine Forschungsarbeit aus der Zeitschrift „Occupational Health and Medicine“ (Arbeitsgesundheit und Medizin). Eine Studie soll untersuchen, ob die Gabe von Melatonin einen schützenden Effekt für Nachtarbeiterinnen hat.5,6

Zusammenfassung von Forschungsergebnissen | 2016

Im Rahmen von drei prospektiven wissenschaftlichen Untersuchungen – Million Women Study, EPIC-Oxford und UK Biobank – und einer Metaanalyse der vorhandenen Daten zu Nachtarbeit wurde erneut die These überprüft, ob Nachtarbeit das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, erhöht. In der Schlussfolgerung kommen die AutorInnen zu dem Ergebnis, dass die Gesamtheit der möglichen Evidenz zeige, dass Nachtschichtarbeit, einschließlich langfristig ausgeübter Schichtarbeit, wenig oder keinen Einfluss auf die Brustkrebs-Inzidenz hat.7

Mehr zu den Ergebnissen berichtet das Deutsche Ärzteblatt: Nachtschichten: Neue Studien können Brustkrebsrisiko nicht bestätigen v. 07.10.2016.

Mit den neuen Untersuchungen sind nicht alle anderen zuvor beobachteten Ergebnisse hinfällig. An dem Thema wird unter unterschiedlichen Aspekten (z.B. circadiane Rhythmik, Genetik, Deutsches Ärzteblatt v. 05.08.2016) weiter geforscht.

INSERM (Frankreich): Nachtarbeit | 2012

Night work and breast cancer: A population-based case-control study in France (the CECILE study)

Nachtarbeit stört die sog. circadiane Rhythmik (vereinfacht: Tag- / Nachtrhythmus) und wird damit als mögliche Ursache für Brustkrebs eingestuft. In einer großen populationsbezogenen Studie, die zwischen 2005 und 2008 in Frankreich durchgeführt wurde, zeigte sich ein Anstieg der Brustkrebserkrankungen (1.317 Fälle in einer Gruppe von Frauen, die nachts gearbeitet hatten, dazu im Vergleich eine Gruppe von Frauen ohne Nachtarbeit, bei der 1.232 Frauen erkrankt waren). Die Erhöhung des Brustkrebsrisikos bei der Nachtarbeit war vermehrt erhöht bei Frauen, die vor ihrer ersten Schwangerschaft mit der Nachtarbeit begonnen hatten, so die ForscherInnen vom INSERM, der Forschungsstelle für Epidemiologie und Gesundheit der Bevölkerung in Frankreich. Die Erhöhung des Brustkrebsrisikos wird in dieser Studie angegeben mit rund 50 Prozent bei Frauen, die länger als vier Jahre in Nachtschicht gearbeitet hatten.8

GENICA-Studie: Nachbefragung zur Schichtarbeit | 2010/11

Bei einer umfangreichen Nachbefragung der Studienteilnehmerinnen zur Schichtarbeit wurden 857 Brustkrebspatientinnen und 892 Kontrollen verglichen und hinsichtlich aller mindestens ein Jahr lang ausgeübten Berufe in der Berufsbiographie befragt. 13% der GENICA-Teilnehmerinnen hatten zeitweise in Schichtarbeit gearbeitet. 56 der Brustkrebspatientinnen und 57 der Frauen aus der Kontrollgruppe hatten mindestens ein Jahr lang in Nachschicht gearbeitet. Frauen, die nachts gearbeitet hatten, hatten in dieser Untersuchung öfter keine Kinder und waren schlechter ausgebildet. Auch hatten die Nachtarbeiterinnen seltener eine Hormonersatztherapie (35,7% versus 51,9%). Bei Frauen, die über 807 Nachtschichten übernommen hatten, zeigte sich ein leicht erhöhtes Brustkrebsrisiko von 1,73, bei Frauen, die über 20 Jahre lang Nachtarbeit leisteten, lag das Risiko bei 2,48, bei 12 beobachteten Brustkrebsfällen und 5 Frauen in der Kontrollgruppe. Es sollen sich hier keine Hinweise auf Risiken von Schicht- bzw. Nachtarbeit gezeigt haben, jedoch fand sich eine „Tendenz zu einer Risikoerhöhung nach langjähriger Nachtschichtarbeit“.9 Die GENICA-Studie ist jedoch aufgrund der geringen Anzahl der untersuchten Teilnehmerinnen, die Nachtarbeit geleistet hatten, nur begrenzt aussagefähig.10

Lt. Bericht im DGUV-Forum zeigte sich in der deutschen GENICA-Studie zwar kein stark erhöhtes Risiko, jedoch eine „nichtsignifikante“ Risikoerhöhung für Brustkrebs nach mindestens 20 Jahren Nachtarbeit.11

Daten der Nurses Health Study | 2011, 2001

Nach den Daten der Nurses Health Study mit insgesamt rund 200.000 Krankenschwestern mit langen Zeiten der Nachtarbeit von mehr als 20 bzw. 30 Jahren wurden 15 bzw. 58 Brustkrebsfälle beobachtet. Das waren hier 22 mehr als in der Vergleichsgruppe ohne Nachtarbeit. Brüning u.a. schreiben jedoch, dass es hier „Störfaktoren“ wie „Stahlenexposition“ mit ionisierender Strahlung und „Umgang mit Chemotherapeutika“ gegeben haben könnte, die das Ergebnis mit beeinflusst haben könnte. 13

Schichtarbeit: Shiftwork | IARC 2011

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat im Mai 2011 ihre Veröffentlichung zur Schichtarbeit („Shiftwork“) herausgegeben, in der 8 Studien zur Untersuchung von Nachtarbeit und Brustkrebs herangezogen wurden.14

Systematische Übersicht | Wagstaff 2011

Shift and night work and long working hours − a systematic review of safety implications, Anthony Sverre Wagstaff u.a., Scand J Work Environ Health 2011;37(3):173–185. doi:10.5271/sjweh.3146

Hansen 2011

Night shiftwork and breast cancer risk: overall evidence, Hansen and Stevens Occup Environ Med 201168 (3), p. 236, kostenpflichtig, Artikel € 32,40, fanden [zitiert nach DGUV-Forum 4/2010] “keine Evidenz für den Anstieg des Brustkrebsrisikos bei Beschäftigung mit Nachtschichttätigkeit”.15

IACR Shiftwork Schichtarbeit

Painting, firefighting and Shiftwork: IARC 2010

In der IARC-Monographie enthalten sind die Beiträge und Ergebnisse einer Konferenz, die im Jahr 2007 durch die IARC in Lyon zur Schichtarbeit durchgeführt wurde. Die IARC stuft darin ein Risiko für Brustkrebs durch Nachtarbeit als wahrscheinlich ein. S. dazu auch: Painting, Firefighting, and Shiftwork, IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans, Volume 98 (2010) und Shiftwork, IARC, Mai 2011.

Chinesische Studie / Pronk 2010

Rd. 70.000 chinesische Frauen mit insgesamt 717 Fällen von Brustkrebs, s. Night-Shift Work and Breast Cancer Risk in a Cohort of Chinese Women, Anjoeka Pronk [u.a.]16

Weitere Studien

Prospective Kohortenstudien

  • Schernhammer et al., 2001
  • Schernhammer & Hankinson, 2005

Nationale Zensus basierte Kohortenstudien

  • Schwartzbaum et al., 2007

Fallkontrollstudien

  • Tynes  et al., 1996
  • Hansen, 2001
  • Lie et al., 2006

Retrospective Fallkontrollstudien

  • Davis et al., 2001
  • O’Leary et al., 2006

Eine Metaanalye dieser Studien – Megdal et al. (2005) – kommt zu dem Ergebnis, dass in sechs der acht Studien zur Nachtarbeit – abgesehen von den beiden Studien, die dies nicht zeigen konnten – ein erhöhtes Risiko gezeigt werden konnte (RR, 1.51; 95% CI: 1.36–1.68).

Bildnachweis Artikelbild: jronaldlee, CC BY 2.0

 

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